1. Samuel 10 + 11 (16. – 18. August)

Diese beiden Kapitel beschreiben den Wandel Israels von einem Gottesvolk zu einer Nation unter einem weltlichen König.

Doch noch spielt Gott die erste Geige. Der Cliffhanger in Kapitel 9 führt direkt zu einer Prophezeiung. Samuel salbt Saul mit Öl, wie sich das für einen König gehört und sagt im nun voraus, auf welche Weise Gott ihm, der ja immer noch zweifelt wie jemand aus dem kleinsten Stamm Israels König werden könne, diese Wahl bestätigen wird. Auf dem Weg nach Hause werden ihm drei Dinge widerfahren, als letztes davon wird ihn der Geist Gottes erfassen und ihn für immer verändern; als Zeichen dafür wird er an der dritten Station weissagen.

Und so geschieht es. Und obwohl drei eintreffende Zeichen kein Zufall sein können, verschweigt Saul seinem Onkel, dass Samuel ihn zum König über Israel geweiht hat. Bescheidenheit oder Zweifel?

Derweil ruft Samuel das Volk nach Mizpa, wo einst der Bund mit Gott erneuert wurde und verkündet ihnen, dass Gott ihnen nun einen weltlichen König schenken werde, nachdem sie ihren Gott und wahren König bereits wieder verworfen haben. Das Los (die verbreitete Form des Gottesurteils im Alten Bund) fällt auf Saul, der natürlich durch Abwesenheit glänzt und erst herbeigeschafft werden muss. Im Text lesen wir, er hätte sich versteckt gehabt. Dies beantwortet die Frage, warum Saul seinem Onkel die Königsweihe verschwiegen hatte: Bescheidenheit. Der fähige Mensch bewirbt sich nicht um Ämter, das Amt kommt zu ihm! – Auch so ein altes Sprichwort, das bis heute seine Gültigkeit bewahrt hat.

Natürlich haben sich einige einen anderen König vorgestellt, einen aus einem größeren, mächtigeren Haus und die fangen sofort an zu lästern. Saul tut das zu diesem Zeitpunkt einzig Richtige und ignoriert sie.

Die Bewährungsprobe lässt nicht lange auf sich warten. Die Ammoniter strecken mal wieder die Hand nach Israel aus und belagern Jabes-Gilead. Voller Furcht schicken die Bürger Boten zu ihrem König. Der mobilisiert durch eine theatralische Geste ein 330000 Mann starkes Heer, das die Ammoniter vernichtend schlägt.

Im Blutrausch fordern die Sieger von Saul auch gleich mit den Feinden im Inneren kurzen Prozess zu machen, doch der König lehnt ab.

Derweil nutzt Samuel die Hochstimmung im Volk und feiert die Ernennung Sauls zum König nun mit dem ganzen Volk bei einem Friedensopfer in Gilgal, nachdem die Zeremonie in Mizpa ja recht glanzlos vonstattengegangen war.

Schleichend vollzieht sich hier die Abkehr des Volkes von ihrem Gott. In diesen beiden Kapiteln hält nur noch Samuel Kontakt zum Himmelkönig. Schon bei der Belagerung von Jabes rufen die Menschen dort nicht mehr ihren Gott an, sondern schicken direkt nach ihrem König. Auch der befragt nicht Samuel oder im Gebet direkt Gott (der hatte ihm ja seinerzeit bei der Weissagung gezeigt, dass sein Geist in ihm ist, hatte ihm also gewissermaßen das rote Telefon übergeben) sondern schreitet direkt zur Tat. Und wir dürfen annehmen, dass auch beim Friedensfest nach dem Sieg zumindest beim Volk Saul, der große Kriegsheld, im Mittelpunkt stand und das Opfer nicht mehr mehr als eine alte, liebgewonnene Tradition war, ein Fest halt, wie heute die Kirmes.

Wenn wir aus diesen Kapiteln also was lernen können, dann, dass wir bei allem, was dem Namen nach zum Lobpreis Gottes bestimmt ist, ständig überprüfen sollten, warum wir es tatsächlich tun. Wenn die religiösen Zusammenkünfte und Feste nur noch Tradition sind, so wird Glaube zur traditionellen Religion und die zugehörigen religiösen Handlungen zum Götzendienst, weil nicht mehr Gott sondern die Handlung selbst oder der Mensch im Mittelpunkt stehen. Gott meint es ernst, wenn er von uns fordert, dass wir mit unseren Herzen bei ihm sein sollen. In Umkehrung eines Sprichwortes: Nur wo Gott drin ist, sollte auch Gott draufstehen.

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