Daniel – aus dem Stamm Juda – war unter den ersten vom babylonischen König Nebukadnezar verschleppten Juden. Er gehört damit zur letzten Generation vor dem Untergang Israels und somit zur ersten Generation Israeliten in der Diaspora.
Jojakim war der letzte König Judas. Zu seiner Zeit stand das Land bereits unter dem Einfluss Babylons, alle Könige in den Provinzen des untergehenden Israels nach Jojakim wurden direkt vom babylonischen König eingesetzt.
In dieser Zeit also lässt Nebukadnezar die gebildete Jugend des Landes in sein Reich verschleppen. Sie sollen zu Beamten des neuen Weltreiches ausgebildet werden. Das macht Sinn, wenn man eroberte Länder nicht nur ausbeuten, sondern langfristig an sich binden möchte. Unter den Verschleppten befinden sich auch Daniel, Hananja, Misael und Asarja, die zuallererst einmal neue, der babylonischen Kultur und Religion gemäße Namen erhalten. Außerdem sollen sie, wie gesagt, eine dreijährige Ausbildung erhalten und in dieser Zeit auch mit der königlichen Kost versorgt werden. Ausbildung bei freier (königlicher) Kost und Logis. Nicht das schlechteste Schicksal mag man jetzt denken.
„Neulich ging ich zu einem Hellseher. Ich klopfte an der Tür. Als von drinnen eine Stimme rief: ‚Wer ist da?‘ bin ich wieder gegangen.“ (Witz aus dem 20. Jahrhundert)
Der König hat schwere Träume! Genau genommen ist es ein Traum, der Nebukadnezar jede Nacht den Schlaft raubt. Also lässt er die besten Hellseher und Wahrsager des Reiches aufmarschieren, damit diese ihm den Traum deuten. Nun weiß der König, dass Wahrsager gute Märchenerzähler sind. Wenn er ihnen zu viel von dem Traum erzählt, werden sie irgendeine Geschichte zusammenspinnen. Also beschließt er ihnen gar nichts zu sagen. Sie sollen ihm den Traum nennen und ihn dann deuten.
"Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden." (Ps 118,22 + Mk 12,10)
Die vier Gefährten ziehen sich in ihr Haus zurück und erflehen Hilfe von Gott. Der hat offensichtlich nur darauf gewartet und schenkt seinem Daniel in der Nacht eine Vision (ein Gesicht), das ihm Traum und Bedeutung erklärt. Glücklich über die Rettung durch seinen Gott lobt und preist er ihn und zieht vor den König um diesem die geforderte göttliche Weisung zu überbringen.
Gott habe dem König eine Vision geschickt, weil dieser sich in seinem Herzen gefragt habe, wie die Zukunft seines Reiches aussehe. Dabei war Gott – wie es so seine Art ist – überaus großzügig und hat ihm nicht nur die unmittelbare, sondern alle verbliebene Zukunft gezeigt.
Das Gedächtnis des Königs ist kurz. In dem Maße in welchem seine Macht zunimmt, wächst auch seine Arroganz und Selbstüberschätzung. Er lässt Standbilder von sich aufstellen und gibt den Befehl, dass diese von allen seinen Untertanen an seiner statt (er kann ja nicht überall gleichzeitig sein) wie ein Gott angebetet werden müssen. Wer es nicht tut, soll in einem großen Ofen verbrannt werden. Seine Untertanen folgen dem eindeutigen Befehl, Hananja, Misael und Asarja, die Freunde Daniels, aber nicht, da diese keine Götter neben ihrem Gott haben dürfen und sie ihm nach der seit der Verschleppung erfahrenen Gnade treu bleiben.
Und wieder träumt der König. Eigentlich beginnt dieses Kapitel bereits bei Kapitel 3, Vers 31 – aber da musst du die Bibelredaktion fragen, warum sie den Friedensgruß des Königs ans Ende von Kapitel 3 gestellt haben. Dass das aber alles zusammengehört, erkennt man daran, dass Dan 3,31 – Dan 4,34 ein Monolog des Königs Nebukadnezar ist.
In diesem Traum sieht der König einen riesigen Baum in der Mitte der Erde, der bis in den Himmel reicht – also vermutlich in der Mitte seines Reiches. Der wunderschöne Baum bietet Nahrung und Schatten für alle Tiere, die unter seiner Krone oder auf dieser leben. Nun erhält er vom Himmel den Befehl, den Baum umzuhauen, die Tiere zu vertreiben und alles vom Baum zu vernichten, außer dem Wurzelstock, den soll er in Ketten legen. Während sieben Zeiten soll er gemeinsam mit den Tieren über die Erde und das Tau ernährt werden, so dass sich sein menschliches Herz in das eines Tieres verwandelt. Dies sei, damit alle Lebenden erkennen, dass allein Gott über die Menschen herrscht.
Wir überspringen eine Generation. König Belsazar ist der Enkel Nebukadnezars. In einem Buch, das uns alle zu Söhnen und Töchtern Abrahams macht, sollte man Generationenbezeichnungen daher nicht auf die Goldwaage legen. Außerdem ist es in der orientalischen Kultur üblich alle Nachfahren aller Generationen Söhne und Töchter zu nennen, somit sind natürlich auch alle Vorfahren Mütter und Väter.
Mobbing im Reich Babylon! König Darius der Meder übernimmt übergangsweise das Reich und setzt 120 Statthaltern ein, die drei Ministern – darunter Daniel – Bericht über ihre Arbeit erstatten müssen. Daniel ist der Streber in diesem Verein, Darius möchte ihn daher zum Aufseher über das ganze Reich setzen. Auch damals waren Streber nicht beliebt und so suchte der gesamte Verein von Statthaltern und Ministern eine Möglichkeit ihn loszuwerden. Dummerweise ist Daniel wirklich der beste und untadeligste Beamte der Weltgeschichte, also ersinnen sie eine andere Strategie.
Ab Kapitel 7 berichtet wird von den Visionen (Gesichte) berichtet, die Gott seinem geliebten Daniel über die ganze Zukunft der Welt geschickt hat. In diesem ersten Gesicht träumt Daniel von vier Tieren, die aus dem Meer (Anmerkung: gemeint ist wohl das Meer der Zeit) emporsteigen, einem Löwen mit Adlerflügeln, einer Art Bär mit mächtigen Reißzähnen, ein Panther mit vier Köpfen vier Flügeln, und ein viertes Tier, groß, schrecklich mit eisernen Zähnen und zehn Hörnern auf dem Kopf.
Zwei Jahre später träumt Daniel von einem starken, mächtigen Widder, der von einem Ziegenbock geschlagen wird. Der Erzengel Gabriel erklärt, dass der Widder das Reich der Meder und Perser meint, die Babylon abgelöst haben. Der Ziegenbock ist das große Griechische Reich, das unter Alexander dem Großen entsteht und vom heutigen Griechenland im Nordwesten über Pakistan im Osten und Ägypten im Südwesten reichte.