Hiob 1+2 (26. – 28. Mai)

Hiob wird in der Bibel in der Zeit der Patriarchen, also irgendwo zwischen Adam und Jakob/Israel verortet. Insofern erscheint es logisch in Hiob den Prototypen eines Gläubigen in einer Zeit zu sehen, als Gott noch nicht über sein Wort verkündet worden war, eine Zeit also in der die geistliche Erweckung der Menschen ihren Anfang nahm, eine Zeit der Familiengötter und Götzenreligionen. Auch in dieser Zeit wirkte Gott ganz offensichtlich in die Geschicke der Menschen hinein, auch wenn diese seine Weisungen eher diffus wahrnahmen. Erstaunlich vielfältig waren daher auch die Religionen, die sich in jener Zeit entwickelten. Alle hatten aber eines gemeinsam: Man opferte dem Gott oder den Göttern, meist um sie gnädig zu stimmen, sei es, um für erhaltenen Segen zu danken oder um befürchteten oder erlebten Fluch abzuwenden.

Hiob 3 (29. Mai)

Die Hoffnung stirb zuletzt – aber sie stirbt. So geschieht es auch bei Hiob. Schließlich bricht sich das ganze Elend und der nicht endende Schmerz seine Bahn und er verflucht den Tag seiner Geburt. Mehr noch er verflucht alle Freude und allen Segen die im Geschenk seines Lebens stecken, was verständlich ist, hat sich doch nun alles ins Gegenteil verkehrt und wirkt unerreichbar, ja unwirklich fern. Das gesamte Konzept von Freude und Leben oder gar Freude am Leben erscheint ihm widersinnig. Er macht Gott schwerste Vorwürfe ob seiner wüsten Entscheidungen über ihn.

In den folgenden Kapiteln werden seine Freunde dies aufgreifen und letzten Endes gegen ihn verwenden.

Wir sollten aber nicht übersehen: Hiob macht Gott Vorwürfe, d.h., er erkennt nach wie vor Gottes Macht an. Er ist nur nicht mit dessen Entscheidungen einverstanden. Und hier unterscheidet sich Gott von weltlichen Königen. Ein weltlicher König hätte auf dieses Gezeter hin wohl den größten Wunsch Hiobs erfüllt und ihn hinrichten lassen, nicht aus Gnade, sondern damit er die Klappe hält. Gott lässt Hiob gewähren. Für Gott ist die Auflehnung des Menschen gegen seine Entscheidungen Teil des Heilungsprozesses.

Doch für Hiob hat dieser Prozess gerade erst begonnen.

Hiob 3 >>

Hiob 4+5 (30. + 31. Mai)

Und nun passiert, was immer passiert, wenn der Größte strauchelt – der Zweitgrößte erhebt sich. Eliphas, vermutlich der älteste der drei Freunde, ergreift das Wort. Er würdigt zunächst das bisherige Wirken Hiobs für die Gemeinschaft, unterstreicht dann aber sofort die derzeitige Hilflosigkeit des einstigen Helfers. Unheil sei immer die Strafe Gottes für begangene Sünden und nicht ein Mensch sei gerecht vor Gott. Eine durch Gott im Traum geschenkte Vision hätte ihm das offenbart.

Hiob 6+7 (1. + 2. Juni)

Hiob ist verbittert und von Krankheit und Trauer erschöpft. Er will sterben, um Ruhe zu haben und sich nicht durch unbedachte Äußerungen gegen Gott versündigen. Die von Eliphas zum Teil recht offen und deutlich vorgetragene Anklage gegen ihn lässt er so allerdings nicht gelten. Er habe in seiner Situation den Trost seiner Freunde verdient, nicht deren Belehrung. Hiob sieht sich als grundlos gestraft und der vorangegangene Dialog im Himmel scheint ihm in dieser Angelegenheit sogar recht zu geben. Sein Elend hat ja in der Tat seinen Ursprung in einer himmlischen Wette, die später noch genauer zu betrachten sein wird.

Und dann beklagt Hiob wieder lautstark seine Situation. Er fragt Gott offen, warum er so ein grausamer Richter gegen ihn sei, was ihn zu seinem Feind gemacht habe.

Hiob 8 – 10 (3. – 6. Juni)

In der Tat erfährt Hiob kein Mitgefühl von seinen Freunden. Bildad antwortet Hiob mit einer „Rauch-und-Feuer“-Rede. Alles was Hiob uns seiner Familie widerfahren sei und noch widerfahre seien doch nur die Früchte eines liederlichen, sündhaften Lebenswandels. Das sei doch von alters her bekannt: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer und wo Strafe ist, da ist auch Sünde. Bildad haut seinem Freund die gesamten gesammelten Erkenntnisse der Volksfrömmigkeit um die Ohren.

Hiob 11 – 14 (7. – 10. Juni)

Zophar, der nun spricht, ist offensichtlich ein Eiferer. Er beschwört Gott, diesem dummen Schwätzer Hiob Erkenntnis und Weisheit einzuprügeln, damit dieser sein Unrecht erkenne und seine Nichtigkeit gegenüber der Größe des Allmächtigen.

Hiob 15 – 17 (11. – 14. Juni)

Die Erwiderung Eliphas zeigt, dass er Hiob nicht zugehört hat. Er hat in verschiedenen Äußerungen Hiobs Angriffe auf sich und seine Ehre wahrgenommen und holt nun zum Gegenschlag aus.

Hiob 18 + 19 (15. – 17. Juni)

Bildad setzt seine „Rauch-und-Feuer“-Rede an dem Punkt fort, an dem er zuletzt aufgehört hat. Offensichtlich kann er nichts anderes akzeptieren als vollständige Zustimmung. Darum erweitert er den Katalog (seinen Katalog!) göttlicher Strafen für Ungehorsam um etliche Punkte. Was für ein trauriges Gottesbild! Wir sollen uns ja keine Bildnisse von Gott machen und hier wird auch klar warum: Wir denken in menschlichen Maßstäben und in diesen ist „Rache gegen meinen Feind“ der Dreh- und Angelpunkt. Das ist bis heute so! Frage auf der Straße Menschen nach dem Zitat aus dem Alten Testament, das ihnen zuerst einfällt und zähle, wie oft dir „Mein ist die Rache, spricht der Herr“ genannt wird (von denen, die dir überhaupt etwas aus dem AT nennen können). Den wenigsten davon ist dabei vermutlich bewusst, dass Gott damit meinte, dass wir den Gedanken an Rache zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit auf dem Weg zu ihm ganz aufgeben sollen!

Hiob 20 + 21 (18. – 20. Juni)

Zophar geht auf die Sache mit dem Erlöser erst gar nicht ein, auch er ist auf Bildads Rache-Trip. In seiner feurigen Rede wirft er Hiob vor, zu verleugnen, was doch alle wüssten: Das Glück der Gottlosen ist vergänglich – Gott kassiert sie alle ein, verwirft deren Leben und das derer Nachkommen.

Hiob 22 (21. Juni)

Eliphas kommt in seiner dritten Rede nun mit sehr konkreten Vorwürfen gegen Hiob. Wir wissen aus den ersten Kapiteln, dass Hiob ein gottesfürchtiger Mann mit regem Opferdienst war. Wir wissen, dass er offensichtlich wohlhabend war und großes Ansehen in seiner Umwelt genoss; sein Ratschlag und Ratschluss war vermutlich viel wert bei ihm gesellschaftlich Gleichgestellten. Wir wissen auch, dass der Gott im Himmel voll des Lobes über seinen Knecht war. Wir wissen inzwischen aber auch, dass der Gott im Himmel in der Geschichte nur als Auslöser des Ereignisses fungierte; mit dem Gott, der sich aus unseren Beobachtungen nun nach und nach herauskristallisiert hat er herzlich wenig gemein. Gott und Satan in der Geschichte sind wie Hiob, seine Frau und die drei Freunde nur literarische Figuren, welche die Handlung voran treiben und so die zu vermittelnden Erkenntnisse transportieren.