Psalm 107 (31. Oktober – 1. November)

„»Dankt dem HERRN, denn er ist gütig, denn seine Gnade währt ewiglich!« So sollen sagen die Erlösten des HERRN, die er erlöst hat aus der Hand des Bedrängers“ (Ps 107,1-2)

Bei Psalm 107 meint man ein Rückblick auf die Wundertaten Gottes und den daraus resultierenden Dank der Erretteten zu lesen und so ist er vom Psalmist wahrscheinlich auch geschrieben worden. Der Psalm 107 ist aber aus Erfahrung genährte Verheißung für alle, die den Ruf Gottes in ihrem Leben hören!

Wir alle sind Errettete in Christus! Wir alle kommen immer wieder vom Weg ab, irren durch unsere persönlichen Wüsten, kommen in schwere Wetter auf offener See, hungern und dürsten an Körper, Geist und Seele. Uns allen, seinen Brüdern und Schwestern im himmlischen Vater hat Jesus zugerufen:

„Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.  Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ (Mt 11, 27-28)

Und er hat uns auch deutlich gemacht, mit welchem Preis der Eintritt in das Reich der Verheißung verbunden ist:

„Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“ (Mt 11, 29)

Das „Joch Christi“ ist die Liebe, mit welcher der Vater uns segnet, dass wir sie erwidern und an die Schöpfung weitergeben in seinem Namen, in allem was wir denken, reden und tun. Liebe – wir alle sehnen uns danach – gibt der Vater bedingungslos, Liebe ist sein Wesen. Liebe deckt die Macken, die Ecken und Kanten des Lebens nicht zu, Liebe teilt die eigene Freude und Liebe nimmt das Leid der anderen, der Welt geduldig auf, wird im Fall der Not zur tragenden, stützenden Säule oder zum tätigen Mitgefühl.

Das Joch Christi verändert den Menschen, befreit ihn zu seiner Bestimmung und verwirklicht ihn so erst nach dem Bild des Vaters. Nicht im Nachahmen und Nachhetzen großer Vorbilder, sondern in der Bekenntnis und Hinwendung zum liebevollen Vater im Himmel, in der Einsicht, dass nur in ihm das Heil zu finden ist, ist das zu finden, was der aufgeklärte Mensch heute sucht: Selbstverwirklichung*. Und weil Selbstverwirklichung das natürliche Ziel allen Lebens ist, stimmt auch das Versprechen Jesu:

„Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ (Mt 11, 30)


* In der Sprache der Verhaltenspsychologie ausgedrückt: Wenn wir die Welt und das Leben als ein großes, fortwährendes Projekt betrachten – was es ja auch ist – dann sind wir ein integraler Teil dieses Projektes. Für den Einzelnen heißt das: Ich kann mich nur bis zu dem Grad selbstverwirklichen, wie das dem ganzen Projekt und damit den einzelnen Teilnehmern gelingt. Selbstverwirklichung auf der Basis von Egoismus ist daher immer Selbstbetrug. Ich kann mit Egoismus und Glück Reichtümer anhäufen, werde mich darin aber niemals selbst finden. Wer sich nur über seinen Besitz definiert, der hat sich selbst verloren.

Psalm 107 >>