2. Petrus 2 (22. – 24. November)

Endete das erste Kapitel mit der Feststellung, dass die Propheten ihre Verheißungen Gottes niemals aus eigenem Willen verkündeten, sondern weil diese ihnen durch den Heiligen Geist eingegeben wurden, so beginnt das zweite Kapitel mit der Warnung vor Irrlehrern. Petrus schließt sich damit der Warnung seines und unseres Herrn an, der kurz vor seiner Kreuzigung davor warnte, dass in der Endzeit (die mit der Auferstehung Christi begann) viele falsche Propheten auftreten und großen Schaden in seiner Kirche anrichten würden, indem sie mit falschen Reden die Gläubigen täuschten und viele von ihnen vom Weg, also von ihm, Christus, abbrächten. Der Apostel warnt dabei nicht nur die Irrlehrer, sondern auch jene, die ihnen folgen werden. Die Zeugnisse aus den Zeiten des Alten Bundes belegten, dass sie das Gericht Gottes schwer treffen werde. Er vergleicht diese Gruppe mit unvernünftigen Tieren, deren Los die Gefangenschaft und der Tod sei. Während die Kinder Gottes dessen Erkenntnis teilhaftig werden, könnten diese verlorenen Seelen das Wort Gottes nicht verstehen, sie machten sich nur darüber lustig, weil es für sie keinen Sinn ergebe. Sie würden in großen Reden von Freiheit erzählen, meinten damit aber die Fesseln dieser Welt. Zwar seien auch ihre Fesseln durch den Opfertod Jesu zerbrochen worden, doch sie seien freiwillig in ihre alte Gefangenschaft zurückgekehrt.

Petrus warnt die Gemeinden seiner Zeit. Was er in seinen Warnungen beschreibt, trifft aber uneingeschränkt auf das aktuelle Zeitgeschehen zu. Der Glaube, also Vertrauen und Hoffen auf die Zusagen Gottes und die Erwiderung der Liebe, die er uns wiederholt bewiesen hat, schwindet in breiten Schichten der Gesellschaften. Dies schwächt den Menschen und macht ihn anfällig für die Verlockungen der Welt, die in Angst, Gier, Maßlosigkeit, Egoismus, Misstrauen und Hass münden. Man muss dabei ehrlicherweise zugeben, dass diese Schwächung des Glaubens von den weltlichen Kirchenführern über Jahrhunderte hinweg selbst verursacht wurde, indem diese sich selbst der Gier, Maßlosigkeit und dem Egoismus hingaben und die ihnen zugefallene Macht durch Auslösung von Angst in ihren Gemeinden zu festigen suchten. Sie selbst haben Misstrauen und Hass in den Ackerboden des Herrn gesät, eine dornige Saat, die viele Generationen keimte, ehe sie mit Anbruch der Aufklärung aufging und seither nicht nur die Distanz der Menschen zu ihrer Kirche sondern auch zu ihrem Gott stetig vergrößerte. Weil der Verlust der weltlichen Macht in der Kirchenorganisation nicht zu einer konsequenten und vollständigen Umkehr ihrer Anführer führte, nämlich dem Begreifen dass auch die Kirche als Organisation im Dienst der Menschen steht und nicht umgekehrt (Mt 25,40+45), was sich beispielsweise aber nicht ausschließlich im strikten Befolgen weltlicher Gesetze und der Unterordnung der Organisation unter die weltliche Gerichtsbarkeit („Unterordnung unter die Obrigkeit“, 1 Petr 5) ausdrücken würde, setzt sich die Erosion an Macht bzw. Ansehen (dem kleinen Bruder der Macht) auf Seiten der Organisation und an Glauben bei den Gemeindemitgliedern – der eigentlichen „heiligen christlichen Kirche“ – bis heute mit zunehmender Geschwindigkeit fort.

Auch hier bestätigt sich die Prophezeiung des Petrus, dass die Irrlehrer sich letzten Endes selbst verraten und ihren eigenen Untergang selbst herbeiführen würden. Das ändert aber leider nichts an den Folgen für die Fehlgeleiteten:  Der Weg zurück wird für die Kinder Gottes ein steiniger werden, insbesondere, da sie nun in ihrem Glauben erschüttert, im Wort Gottes unerfahren und unmündig sind und somit durch weitere Irrlehrer (selbsternannte Prediger, Gurus und Messiasse)  und deren falsche, gefährliche Lehren (meist eine auf die Befolgung strenger aus dem Alten Testament entnommener oder selbst erdachter Gesetze basierende Religion als „Glaubensersatz“, also der Verheißung einer Errettung auf Basis von Taten nicht auf Basis des bereits vollbrachten Erlösungswerkes unseres Herrn und den Glauben daran) leicht zu verführen sind.


„Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Denn ihr selbst geht nicht hinein und lasst die nicht hinein, die hineingehen wollen. Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr selbst. Weh euch, ihr seid blinde Führer! Ihr sagt: Wenn einer beim Tempel schwört, gilt es nicht, wenn er aber beim Gold des Tempels schwört, gilt es.  Ihr blinden Narren! Was ist wichtiger: das Gold oder der Tempel, der das Gold erst heilig macht? Auch sagt ihr: Wenn einer beim Altar schwört, gilt es nicht, wenn er aber bei dem Opfer schwört, das auf dem Altar liegt, gilt es. Ihr Blinden! Was ist wichtiger: das Opfer oder der Altar, der das Opfer erst heilig macht?“ (Mt 23, 11-19) – Jesus spricht hier zu Juden über den Alten Bund. Denk- und Stolpersteine im Neuen Bund, die auf diese Rede angewandt werden könnten: Gemeinschaft der Christen (neuer Tempel), Opfer Christi am Kreuz (neuer Altar, nach Ende der Opfer), Missionierung der Heiden mit militärischen Mitteln, Kreuzzüge, Ablassbriefe, Prachtbauten, Kirchenrecht vs. Wort Gottes (z.B. allgemeines Priestertum, 1 Petr 2,4-10), Liturgie vs. persönliche Beziehung (Joh 14,6), Amtskirche vs. Christus (ein Mittler, 1 Tim 2,5),…   

„Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ (Lk 9, 23) – Dieser Aufruf unseres Herrn ist nicht nur an die Herde gerichtet, sondern auch an die Hirten und die (heute) existierenden Strukturen, die in den letzten Jahrhunderten ein buntes Eigenleben entwickelten.

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