Praktische Hilfe – 1. Timotheus (14. – 26. Juni)

Auf seinen Missionsreisen lernte Paulus den jungen und begeisterungsfähigen Timotheus kennen, der bald zu seinem gelehrigen Lieblingsschüler wurde. Immer wieder schickte Paulus seinen „wahren Sohn im Glauben“ allein in Gemeinden, um ihn dort nach dem Rechten sehen zu lassen.

Dieser Brief fällt wohl in die Zeit, als Timotheus in Ephesus war, einer „in Christus liberalen“ Gemeinde, offen für alle esoterischen Strömungen jener Zeit. Das lief wohl nicht wirklich gut für den Novizen und so schickte ihm Paulus noch diesen Brief hinterher, der ihm die nötige Autorität verschaffen sollte.

So handelt es sich hier auch nicht um einen Glaubensbrief, im Glauben und der Vermittlung desselben hatte Timotheus hier keine Nachhilfe von seinem Lehrer nötig, es ist die Vorform eines Kirchenrechts. In einfachen Sätzen stellt Paulus dar, nach welchen Regeln eine Gemeinde aufzubauen ist und zu funktionieren hat. Dabei verbindet er traditionelle Gepflogenheiten, so sie der Bibel nicht widersprechen, mit genauen Anleitungen zu Personenauswahl für bestimmte Ämter – ebenfalls angelehnt sowohl an der Tradition als auch am Gesetz des Mose – und Anweisungen zur praktischen Ausübung der Nächstenliebe in Problemfällen.

Das Kirchenrecht des Paulus besteht aus einfachen Aussagen und Sätzen, die keinen Spielraum für Interpretationen und Diskussionen lassen. Dies war nötig, denn wenn in der Gemeinde eine Diskussion über die Auslegung einer Regel des Paulus aufgekommen wäre, hätte „der Kleine“ bereits verloren gehabt.

Beim ersten Brief an Timotheus kann es für uns daher nicht darum gehen, einzelne darin aufgestellte Regeln für alle Zeiten in Stein zu meißeln; es ist eine Regelsammlung für die damalige Zeit und sicherlich auch richtig in der damaligen Zeit.

Lediglich die Warnung davor, das Evangelium Christi mit fremden Lehren zu vermischen, ist ebenso zeitlos gültig, wie die beschriebenen Charaktereigenschaften von Gemeindeleitern und Ältesten.

Lernen können wir aber aus der Klarheit der Sprache!

„Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles, was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.“ (Mt 5, 37)

Ganz besonders ein Kirchenrecht sollte nicht in „Juristen-Sprech“ abgefasst sein. Wo es juristisch korrekt und umfassend formulierte Gesetze braucht, ist in dieser Welt bereits alles durch ein Gesetz geregelt, auf das eine Kirchenorganisation verweisen und das sie im Streitfall auch anwenden (lassen) kann.

Das Kirchenrecht sollte in klaren Worten die Dinge regeln, die nicht schon durch andere Gesetze geregelt sind. Und weil wir damit ja nicht einen Novizen in irgendeine „wilde Gemeinde“ schicken möchten, muss auch die Diskussion darüber unter Brüdern und Schwestern im Herrn ihren festen Anteil haben. Auch regionale oder kulturelle Unterschiede müssen berücksichtigt werden, soweit Traditionen dem Wort Gottes nicht widersprechen. Ein so geschaffenes und beschlossenes Kirchenrecht hat dann Gültigkeit für alle Menschen in dieser Kirchenorganisation. Eine Kirche, die einen wesentlichen Teil ihrer Energie in Verfahrensfragen aufbraucht, ist das von Jesus genannte Salz, das nicht mehr salzt. Es ist aber auch nicht wie die Zehn Gebote in Stein gemeißelt. Ein solches Recht muss auch regeln, in welchen Abständen es neu diskutiert wird. Jede Generation sollte sich einer solchen Ordnung mindestens einmal annehmen, besser wäre natürlich öfter. Daraus folgt auch, dass die Generation über die zukünftigen Regeln entscheiden soll, die sich dann auch damit wird rumschlagen müssen. Das heißt, die vorhergehende Generation wirkt hauptsächlich beratend mit. 

Die geordnete Staffelübergabe ist gewissermaßen fest verankert in den Genen des Evangeliums, ebenso, dass alles – wirklich alles – in der Welt einer stetigen Veränderung unterworfen ist, mit einer einzigen Ausnahme – das Evangelium Christi!

„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Mt 24, 35)

 

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