Faule Kompromisse – 1. Könige 20 – 21 (9. – 13. September)

Ahab hat ein großes Problem! König Benhadad, der König von Aram hat sich mit 32 anderen Königen der Region verbündet und belagert Israel. Ahab soll alle seine Reichtümer, ebenso seinen Harem und seine Kinder ausliefern. Ahab gehorcht demütigst und sagt zu, allen Forderungen nachzukommen.

Das ermutigt Benhadad, die Daumenschrauben noch fester zu ziehen. Jetzt will er zusätzlich noch alles, an dem Ahabs Herz in irgendeiner Weise hängen könnte. Das geht Ahab zu weit, er weigert sich, über seine erste Unterwerfung hinaus zu gehen.

Nun kündigt Benhadad an, Samaria, die Hauptstadt Israels, dem Erdboden gleich zu machen.

Hier hat er die Rechnung aber ohne Gott gemacht. Der ist zwar sauer auf Ahab, weil der durch seine Frau Götzendienst im Reich förderte, aber Israel ist immer noch sein Volk.

Er lässt Ahab durch einen nicht namentlich genannten Propheten mitteilen, dass Gott Benhadad in seine Hände gibt. Er soll ihn angreifen und wird ihn schlagen. Und genau das geschieht auch zweimal: Die Israeliten stellen sich mit einem lächerlich kleinen Heer gegen die militärische Übermacht und prügeln diese aus dem Land. Doch beim letzten Schritt zögert Ahab! Auf das Versprechen Benhadads, nun solle wieder Frieden zwischen beiden Nationen herrschen, lässt er ihn einfach – gegen den Willen Gottes, der den Aggressor ja in seine Hände gegeben hatte, damit dieser und er selbst erkenne wer hier der Gott im Haus ist, ziehen. Dafür erhält er wieder von einem Prophet ausgerichtet, dass Gott nun den über Benhadad ausgesprochenen Bann an ihm und seiner Familie vollstrecken werde.

Etwas später…

Ahab hat ein Auge auf einen Weinberg in seiner Nähe geworfen, den er haben möchte. Dummerweise gehört der schon einem anderen und der will auf das Erbstück – die Ländereien wurden ja einst noch von Mose nach dem Willen Gottes verteilt und sollten auf ewig im Eigentum des jeweiligen Stammes bleiben – nicht verzichten. Im Vergleich zu der Belagerung durch die Heere von 33 Königen oder dem ausgesprochenen Bann seines Gottes ein vernachlässigbares Problem, doch Ahab versaut es den Tag und er erzählt Isebel davon.

Die macht mit dem Eigentümer im wahrsten Sinne kurzen Prozess. Er wird in eine Falle gelockt und in einem Scheinprozess zum Tode verurteilt. Ahab kann sich nun das Land greifen.

Jetzt hat Gott die Nase endgültig voll. Er schickt den großen Elia persönlich, der Ahab das Gottesurteil nennt: Die ganze Familie soll durch die Macht Gottes ausgelöscht werden. Nach einem Anflug von Reue, belohnt Gott dieses Zeichen von ihm mit Gnade. Er lässt Ahab unangetastet und wird das Urteil erst an dessen Sohn vollstrecken.

 

Beide Geschichten sind ziemlich blutig, einmal nach dem Willen Gottes, einmal gegen seinen Willen. Das ist aber nicht die Botschaft, die dahinter steckt. Das Blut ist wieder für die Peripherie, für jene, die brachiale Zeichen und lautes Getöse brauchen, um überhaupt etwas zu sehen und zu hören.

Hier geht es wieder einmal um Kompromisse, und wir wissen bereits: Im Plan Gottes gibt es keine!

Lassen wir das Kriegsgeschrei in der ersten Geschichte weg, so bleibt der Auftrag Gottes an Ahab, dessen Willen (also den Bann Gottes über Benhadad) zu vollstrecken. In dieser Welt erscheint es uns oft zweckdienlich, ja unvermeidlich, Kompromisse einzugehen. Ahab hatte die Möglichkeit, aus einem Feind einen möglichen Verbündeten zu machen und Benhadad war ganz offensichtlich ein Meister im „Networking”, hatte er es doch geschafft 32 Könige – alle mutmaßlich reich an eigenen Interessen – unter seinem Banner zu vereinen. Diesen Mann zum Verbündeten zu haben, würde letzten Endes auch seine Macht festigen. Aus rein strategischer Sicht beweist diese huldvolle Begnadigung eine lobenswerte Weitsicht. Doch in dieser Geschichte geht es eben nicht um staatsmännisches Geschick, es geht um den Willen Gottes.

Auch als Otto-Normalchrist stehen wir immer wieder vor diesem Dilemma. Wenn wir nur halbwegs mit Gott unterwegs sind, braucht es da gar keinen Propheten (weshalb der erste Prophet hier auch namenlos bleibt). Wir erkennen den Willen Gottes, wir erkennen aber auch, dass die Welt uns für die Umsetzung dieses Willens nicht loben wird – vermutlich wird sie sogar das Gegenteil tun. Dies gilt umso mehr, wenn wir unternehmerische oder gar politische Verantwortung tragen. Wir haben gelernt: In der Demokratie (eigentlich sogar überall, wo Menschen zivilisiert miteinander umgehen) ist der Kompromiss der Königsweg.

Nicht so bei Gott! Ein echtes Dilemma!

Ahab konnte sich am Ende über das erreichte Ergebnis nicht freuen, und das ist der Preis des Kompromisses. Ein guter Kompromiss ist, wenn hinterher alle gleichermaßen unzufrieden sind – jeder hat dieses geflügelte Wort schon einmal gehört.

In der zweiten Geschichte geht es um einen anderen Kompromiss. Ahab bekommt nicht, was er gerne haben möchte. Als König könnte er dem Besitzer das Grundstück auch einfach wegnehmen, doch das käme in der Bevölkerung nicht gut, denn die kennen die alten Gesetze vom Berg Horeb noch. Also erzählt er es seiner Frau Isebel, die sich noch nie um das Gesetz der Juden gekümmert hat, und die nimmt die Sache in ihrer eigenen Art und Weise in die Hand. So kommt Ahab doch noch an das Land. Die Bibel erzählt uns nicht, dass Ahab ihr tatsächlich einen solchen Auftrag gab, aber aus der Art, wie Ahab das Land ohne Rückfragen, z.B. wie es zu diesem seltsamen Todesurteil kam, übernimmt, lässt sich das durchaus folgern. Er hat also wohl insgeheim genau mit diesem Ausgang gerechnet, als er Isebel in seinen Missmut einweihte.

Der Kompromiss liegt hier also nicht darin, den Willen Gottes zu missachten, sondern darin, dies andere für einen tun zu lassen.

Eigenartig ist scheinbar auch die Reaktion Gottes.

Auf das leiseste Anzeichen von Reue, nimmt Gott sein Urteil zurück und wird es erst an Ahabs Sohn vollstrecken, der mit den hier genannten Machenschaften aber gar nichts zu tun hat. Dass Gott Untreue bis ins dritte und vierte Glied bestrafen möchte, gilt hier ja nicht, denn er bestraft ja nicht mal das erste Glied, den Verursacher des Urteils, den wahrhaft Schuldigen. Dieses eigenartige Verhalten Gottes ist uns auch schon bei König Salomo begegnet. Hier möchte Gott uns daher also etwas ganz anderes sagen: Wir mögen durch einige Korrekturen an unseren Irrtümern, Abweichungen und Kompromissen, also weiteren Kompromissen statt echter Umkehr, unseren eigenen Kopf aus der Schlinge ziehen können, doch die Folgen, die durch die Abweichung vom Weg entstehen, werden spätere Generationen tragen müssen.

Kompromisse beim Umgang mit dem Willen Gottes bedeuten immer ein Verfehlen des vorgegebenen Weges und die Folgen dieses Handelns werden früher oder später auch eintreten. Und selbst wenn wir aus voller Überzeugung irgendwann eine 180-Grad-Wende hinlegen, wird es zumeist bereits Folgen geben, die zwar noch nicht sichtbar aber bereits eingetreten (also nicht mehr abwendbar) sind. Das ist der Preis der uns eingeräumten Freiheit in unseren Entscheidungen. Und das ist der Punkt, an dem wir beständig lernen müssen, damit wir wachsen können.

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