Hiob 18 + 19 (15. – 17. Juni)

Bildad setzt seine „Rauch-und-Feuer“-Rede an dem Punkt fort, an dem er zuletzt aufgehört hat. Offensichtlich kann er nichts anderes akzeptieren als vollständige Zustimmung. Darum erweitert er den Katalog (seinen Katalog!) göttlicher Strafen für Ungehorsam um etliche Punkte. Was für ein trauriges Gottesbild! Wir sollen uns ja keine Bildnisse von Gott machen und hier wird auch klar warum: Wir denken in menschlichen Maßstäben und in diesen ist „Rache gegen meinen Feind“ der Dreh- und Angelpunkt. Das ist bis heute so! Frage auf der Straße Menschen nach dem Zitat aus dem Alten Testament, das ihnen zuerst einfällt und zähle, wie oft dir „Mein ist die Rache, spricht der Herr“ genannt wird (von denen, die dir überhaupt etwas aus dem AT nennen können). Den wenigsten davon ist dabei vermutlich bewusst, dass Gott damit meinte, dass wir den Gedanken an Rache zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit auf dem Weg zu ihm ganz aufgeben sollen!

Ein weiterer Punkt eines offenbarten Wort Gottes deutet sich an. Es muss die Menschen vom Gedanken der Rache zum Gedanken von Mitgefühl und Nächstenliebe führen und erziehen. Pädagogisch: Die Menschen da abholen, wo sie stehen und sie ans Ziel führen.

Hiob beklagt ein weiteres Mal das selbstgerechte Geschwätz der Freunde und auch seine elende Situation. Er klagt das ihm durch Gott zugefügte Unrecht an, das ihn der Welt entfremdet und zum Gespött gemacht hat. Und er beweint die gnadenlose Hetze seiner Freunde gegen ihn.

Doch dann reißt zumindest für einen Augenblick der Himmel für ihn auf. Eine innere Stimme sagt ihm, dass es einen Erlöser gibt, der sich für ihn verwendet. Dieser Erlöser kennt ihn ganz unabhängig von seinem derzeitigen Äußeren und er weiß, was dieser Erlöser über die „fromme Arbeit“ seiner Freunde zu sagen haben wird. Hiob 19, 28-29 sagt nichts anderes als: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.“ (Mt 7,1+2)

Aber wie kam es zu diesem Sinneswandel? Eben noch forderte Hiob einen Vermittler und jetzt sagt er: Dieser Vermittler lebt!

„Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Sohn des Jona; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel!“ (Mt 16, 16+17)

Und genau das sehen wir hier auch. Der Trost, den Hiob hier unerwartet erfährt, kommt garantiert nicht von seinen Freunden, von denen er ihn erwartet hätte. Sein Zustand verwehrt ihm auch, aus sich selbst heraus Trost zu finden. Es bleibt daher nur ein Einfluss „von außerhalb“ dieser Szene, der das ausgelöst haben kann. Die Szene: Wir haben Hiob und seine Frau als den Kreis der Familie, die Freunde stehen für die ihn umgebende Welt. Wenn also die Welt keinen Trost gegeben hat, so muss es doch irgendein höheres Wesen – nennen wir es Gott – gewesen sein! Es war der Geist Gottes, der den Zerbrochenen hier aufgerichtet hat.

Der wesentliche Punkt eines Wortes Gottes wird hier offenbart: Gott ist der Tröster der Zerbrochenen. Das wird die Kernaussage des noch zu offenbarenden Wortes werden. Gott ist die Kraft, die die Elenden befreit und erlöst. Und da jeder von uns einen „Hiob“ mit sich rumträgt, spricht dieser Tröster, dieser Retter zu allen Menschen. Im Grunde wird hier also Gott, der (liebende) Vater aller Menschen manifestiert.

Im Zusammenspiel mit Kapitel 9 – Hiob fordert einen Mittler so groß wie Gott und so nichtig wie der Mensch – erkennt der aufmerksame Leser bereits das Wesen dieses Gottes, der sich versteht als eine Dreiheit aus Vater, Sohn und Heiliger Geist. Ein weiteres Mosaiksteinchen in der Selbstfindung des Wortes: die Trinität ist so alt wie das Wort selbst.

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