Es ist knapp ein Jahr her, seit Gott den Ältesten von Hesekiel hat ausrichten lassen, dass er sich nicht mehr von ihnen befragen lassen wird, solange sie nicht mit ganzem Herzen zu ihm umkehren. Doch hier versuchen sie es doch nochmal – und erhalten statt einer Weissagung eine Offenlegung ihrer über Generationen andauernden Verfehlungen.
Gott kündigt Hesekiel wiederum in einem Bild das Gericht über Jerusalem an, doch Hesekiel weiß, dass das Volk solche Rätselgeschichten nicht ernst nimmt und sagt dies seinem Gott ganz offen.
Dann spricht Gott Klartext:
Gott begründet sein Urteil gegen Jerusalem:
Die Sünde hat sich in all ihren Formen ausgebreitet über Fürsten, Propheten, Priester bis hinunter ins einfache Volk. Wo allein Gottes Wort regieren sollte, bestimmen Lüge, Korruption, bezahlte Gefälligkeitsprophetien, Machtmissbrauch in Staat und Kirche, Ehebruch, Gier, Raub, Diebstahl und Mord das Geschehen.
Die Israeliten, egal welcher Gesellschaftsschicht sie angehören, gefallen sich in ihrer Rolle als Volk Gottes und kümmern sich dabei nicht mehr um den Bund, den sie einst mit ihm geschlossen hatten. So sind sie als leuchtendes Beispiel für die Welt nicht mehr zu gebrauchen. Daher wird Gott sie der Welt fortan als schlechtes Beispiel präsentieren, indem er sie in alle Welt zerstreut und sie – zumindest in den Augen dieser Welt – der Bedeutungslosigkeit, ja der Lächerlichkeit preisgibt.
„Ich suchte einen Mann unter ihnen, der die Mauer zumauert oder der für das Land in die Bresche springt und mir entgegentritt, damit ich es nicht vernichten muss. Doch ich fand keinen.“ (Hes 22, 30)
Eine im wahrsten Sinne des Wortes vernichtende Feststellung!
Und doch hat Gott bereits in der Prophetie in Kapitel 21 angekündigt, dass er sein Volk wieder zusammenführen wird, wenn die Zeit gekommen ist. So vernichtend und endgültig Kapitel 22 klingt, so eindeutig wird hier lediglich der Abbruch nicht mehr tragfähiger Strukturen proklamiert. Das alte Israel, das Königreich des Alten Bundes ist an sein Ende gekommen. Doch es bleibt das Gefäß, der Mutterboden für den Neuen Bund und es bleibt das irdische Versprechen – das Bild – auf das ewige Israel, das Reich Gottes.
Auf der Nachbarweide ist das Gras immer grüner!
Gott erzählt in einem Gleichnis, das er beim Erzählen bereits erklärt, wie es sein Volk schaffte, dass er heute Abscheu und Ekel empfindet. Dabei unterscheidet er tatsächlich zwischen Nordreich (Ohola, Israel, Samaria) und Südreich (Oholiba, Juda, Jerusalem) und wirft dem Südreich vor, es noch schlimmer getrieben zu haben.
Was war geschehen?
Gott schließt das Kapitel Jerusalem / Volk Gottes in diesem Kapitel erst einmal ab.
Im Gleichnis vom rostigen Topf, das Hesekiel wieder zum Zeichen vorspielen soll, wird dem Volk verdeutlicht, wie gründlich Gottes Zorn über der Stadt und den Menschen wüten wird. Das sinnbildliche himmlische Feuer wird alles Falsche auslöschen.
Gott gibt nun Hesekiel den Auftrag den Nachbarn des untergehenden Israels und den Nationen, die in einer Verbindung zu dem Land standen oder stehen, sei es durch Handelsbeziehungen, als vermeintliche Verbündete oder ehemalige Feinde oder gar Besatzer das göttliche Gericht anzukündigen. Sie alle werden untergehen, ihre Metropolen werden zerstört werden. Gott hat sie in die Hand Nebukadnezars gegeben, den er für diese Arbeit mit dem Reichtum Tyrus‘ und Ägyptens belohnen wird. Lediglich dem Großreich Ägypten stellt Gott ein Wiedererstehen ihres Königreiches nach vierzigjähriger Verbannung in Aussicht; allerdings wird der alte Glanz und die alte Größe des Reiches für immer verloren sein. Gott klagt auch die Herrscher der reichen Länder an, sie hätten ihre Größe nur auf den weltlichen Profit gestützt, sie hätten irdische Götzen angebetet.
Was soll das?
Gott beginnt seinen neuen Auftrag an den Propheten, indem er ihm noch einmal die Aufgabe eines Wächters, zu dem er ihn bestellt hat, erklärt und die Selbstverantwortung der Zuhörer. Der Wächter hat die Aufgabe, dem Volk die Weisungen und Warnungen Gottes zu verkünden und zu erläutern. Aber jeder einzelne ist selbst dafür verantwortlich, was er aus dieser Information macht, erst recht, wenn er sie ignoriert.
„Ich selbst will meine Schafe weiden und ruhen lassen, spricht Jahwe, der Herr.“ (Hes 34, 15)
Jetzt geht es ans Eingemachte. Gott klagt die Kirchenführung seines Volkes an. Sie seien schlechte Hirten, die sich an den Schafen bereicherten und sie ausnutzten. Die Schafe hätten daher aufgehört, den Hirten zu folgen und sich zerstreut.
In diesen Kapitels verkündet Gott das Gericht über Edom, das seinen Brüdern im Gelobten Land in der Bedrängnis nicht beistand, und Gog, den Herrscher über Magog, einem Verbund verschiedener Völker, die einst über das wiedererstandene Israel herfallen werden.
In epischer Breite wird der zukünftige Tempel auf dem Tempelberg beschrieben. Ebenso wird festgelegt, wie das Land unter die zwölf Stämme verteilt werden soll.