„Der HERR war mit Josef und so glückte ihm alles.“ (1.Mo 39,2)
Ein Satz, den man in diesen drei Kapiteln, die sich für einen Hollywood Blockbuster eigneten, öfter lesen kann. Doch was in diesem Satz so easy-peasy klingt, fühlt sich für Joseph die meiste Zeit ganz anders an.
Okay, er kommt in Ägypten in ein gutes, hochherrschaftliches Haus und weil ihm alles zu gelingen scheint, lässt ihn der Herr des Hauses auch bald alles im Haus machen. Doch als er die Frau seines Chefs verschmäht, beschuldigt die ihn genau der Tat, die er ihr verweigert hatte und landet so unschuldig im Kerker des Pharaos.
Natürlich ist Gott auch dort bei ihm, ihm gelingt wieder alles und er wird so zur rechten Hand des Oberaufsehers, aber Knast ist Knast, da gibt es kein Vertun. Dass er die Träume des Mundschenks und des Hofbäckers des Pharaos, die auch irgendwann Kerker landen richtig deutet, nützt ihm zunächst gar nichts, denn der eine wird hingerichtet und der andere, der Mundschenk, vergisst die Hilfestellung gleich nach seiner Wiedereinsetzung ins Amt.
Erst zwei Jahre später, als der Pharao selbst träumt und keiner seiner Wahrsager diese Träume deuten kann, erinnert sich der freigelassene Mundschenk wieder an den Hebräer im Kerker und empfiehlt ihn seinem Chef. Und tatsächlich kann Joseph die Träume deuten!
Beide Träume bedeuten dasselbe. Auf sieben Jahre mit reicher Ernte im Überfluss werden sieben Hungerjahre folgen und indem Gott dem Pharao den Traum gleich zweimal geschickt habe, wolle er ihm mitteilen, dass das nun ganz schnell wahr werden würde und dringend die richtigen Entscheidungen getroffen werden müssten. Joseph empfiehlt dem Pharao die Einstellung eines Beamten, der in seinem Auftrag durch das Land reist und in den nächsten sieben Jahren 20 % der Ernte für die Hungerjahre einlagert.
Der Pharao ist von dieser Traumdeutung so hingerissen, dass er glatt Joseph dieses Amt – Regent über Ägypten, nur der Pharao selbst steht noch über ihm – überträgt und ihn gleich noch mit einer hohen Tochter des Landes verheiratet, die ihm zwei Söhne – Manasse und Ephraim – schenkt.
Tatsächlich tritt alles so ein, wie Joseph es prophezeit hatte, es tritt aber nicht nur für Ägypten ein, die Hungersnot bricht über sämtliche Nationen in dieser Region herein und viele Menschen strömen nach Ägypten, dem einzigen Land, wo es noch Brot gibt.
Wir sehen in diesen drei Kapiteln, dass Gott die großen Handlungsbögen spannt. Zwar gelingt Joseph wirklich alles, was er anpackt, doch zuerst wird er verkauft, dann versklavt, verleumdet und schließlich eingekerkert und dort vergessen. Manch einer hätte sich da aufgegeben und man würde eine solche Resignation auch verstehen. Doch ganz offensichtlich gelingt es Joseph immer wieder, die guten Dinge in dieser Ansammlung persönlicher Tragödien zu erkennen und sich daran festzuhalten. Diese Art der Sichtweise ist eine Gabe Gottes und an der Tatsache, dass Joseph nicht verzagt, sondern immer hoffnungsvoll auf die Situationen reagiert, denen er ausgesetzt ist, erkennen wir, dass Gottes Geist über ihm wacht und ihn leitet. Die wahren Glaubensriesen sind eben nicht jene, die weithin sichtbar spektakuläre Wunder tun, sondern jene, denen es gelingt, die Berge in ihrem „Mindset“, in ihrem Inneren, im Meer zu versenken und den Weg zu gehen, den sie sich mit dieser Kraft aus dem Glauben und mit Gottes Hilfe schaffen.
Dass Joseph in dieser Erzählung durchaus auch seine spektakulären Momente hat, ist eine freundliche Draufgabe, damit wir die Dinge erkennen können, die uns sonst verborgen blieben. Diese Momente kann es natürlich auch geben, die gehören aber nicht zur Grundausstattung eines göttlichen Segens.