Markus 3, 1-12 (9. Januar)

Jesus heilt am Sabbat einen Mann mit einer verdorrten Hand.

Im Grunde erleben wir hier eine Komprimierung des zweiten Kapitels mit einer neuen Komponente. Jesus heilt (ist also tätig) am Sabbat (verletzt also das Sabbat-Gebot nach dem Verständnis der Kirchenführung) in der Synagoge (entweiht also das Gotteshaus nach dem Verständnis der Kirchenführung).

Nach dem offiziellen Verständnis des Gesetzes outet sich Jesus damit öffentlich als Ketzer bezüglich des aktuellen Volksglaubens.

Er erklärt den Anwesenden zwar, dass seine Handlung näher am Willen Gottes – und damit natürlich auch am eigentlichen Sinn des Gesetzes – sei, als deren Auslegung desselben, aber natürlich hören sie nicht zu. Wir lesen, dass bereits ganze Volksscharen hinter diesem neuen Prediger herliefen, d.h., es ist bereits der Punkt erreicht, an dem die Kirchenführung entscheiden muss: Nehmen wir den Neuen auf – was neben einer radikalen Änderung der Auslegung des Gesetzes vor allem eine unkontrollierbare Erosion der eigenen Macht zur Folge gehabt hätte – oder erklären wir ihn zum Feind und reagieren entsprechend? An der Reaktion auf die Heilung sehen wir, dass die Entscheidung bereits gefallen war. Jesus ist der Feind – was ja bezüglich der Amtskirche auch der Wahrheit am nächsten kommt. Jesus ist der Feind aller mehr oder minder verordneten und gespielten Volksfrömmigkeit. Wenn man solch ein Spiel lange genug beibehält wird man das oberflächliche Abarbeiten von Ritualen früher oder später für echt und den wahren Glauben halten.

Jesus besteht darauf – und er hat ja auch die Autorität dazu, dass das Gesetz für den Menschen gemacht wurde. Für Gott steht der Mensch im Mittelpunkt nicht das Gesetz und so sollte für den Menschen der Wille Gottes im Mittelpunkt stehen, nicht das Gesetz.

Und dieser Wille lautet: Erkenne was Gott von dir will an dem Guten, das er dir getan hat!

Und doch gibt es auch an dieser Heilung wieder etwas Neues zu entdecken. Dem Gelähmten wurden die Beine geheilt: Gott setzt seine Kinder in Bewegung! Diesem Mann wird die verdorrte Hand geheilt: Gott gibt seinen Kindern die Macht, Dinge in seinem Namen zu tun, zu bewirken  – anzupacken (wozu sie ohne seinen ausdrücklichen Willen nicht imstande wären)! Wir sind Hände und Füße unseres Gottes in dieser Welt. Hierüber haben wir auch keine Entscheidungsfreiheit. Wir können trotzig regungslos verharren, wir können ganz bewusst Dinge tun, die wir für falsch halten (und dann mit den Folgen leben) nur um uns selbst zu beweisen, dass wir einen eigenen, freien Willen haben, aber wir können nicht ändern, wer oder was wir in dieser Welt sind: Kinder Gottes.

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