Markus 6, 1 – 6 (20. Januar)

Jesus kommt in seine Heimatstadt und fängt an in der Synagoge zu predigen. Die Bürger der Stadt wissen nicht, was sie davon halten sollen. Das ist doch der Jesus, der Zimmermann. Man kennt seine Familie, ganz gewöhnliche Leute! Was soll an dem so besonders sein?

Auch wenn Jesus auch hier – im Vorübergehen – Menschen heilt, kann er in dieser Stadt nichts bewegen. Die Menschen hatten ganz konkrete Vorstellungen vom Messias, aufgrund der letzten 400 Jahre der Stille auch wenig Erfahrung mit Propheten und die Pharisäer und Schriftgelehrten, die heutzutage über den wahren Glauben lehrten, hatten eine Ausbildung zum Theologen und auch einen ganz anderen sozialen Stand – Jesus passt da einfach nicht ins Bild. Verständlich also, die Reaktion der Nazarener.

Verständlich? Das zweite Gebot sagt: „Du sollst dir kein Bild machen von mir“ Genau das war hier schiefgelaufen und genau das würde auch später in die Katastrophe führen. In Nazareth fällt das Problem nur deutlicher auf, weil die Menschen da die Person Jesus von Klein auf kennen: Sie haben sowohl ein Bild von Gott und allem was von Gott kommt im Kopf als auch ein Bild von Jesus, und die beiden Bilder sind einfach nicht in Übereinstimmung zu bringen.

Wir hatten es davon, dass das Gesetz für den Menschen gemacht sei, zu dessen Nutzen. Hier, am Beispiel der Gottesverehrung, sehen wir, dass diese Behauptung tatsächlich für alle Gebote stimmt. Gott sagt uns nicht nur, wie wir uns zueinander verhalten sollen, er warnt uns auch vor unseren Erwartungen ihm gegenüber! Diese werden uns immer im Weg stehen, wenn er auf unsere Gebete antwortet. Diese werden immer sicher verhindern, dass wir Gott erkennen, erfahren, wenn er uns direkt gegenübersteht, wenn er uns anspricht und berührt. Entweder er tut dies durch einen (beliebigen) Menschen, der – anders als Jesus – vielleicht gar nicht weiß, dass Gott ihn in diesem Moment als Boten einsetzt. Da werden wir, wenn wir uns überhaupt dazu herablassen zuzuhören, vermutlich sagen: Der ist ja nicht einmal Priester! Was will denn der? Kirchen werden heute – außer an Weihnachten – generell nicht mehr voll, es ist aber ein deutlicher Unterschied in der Besucherzahl festzustellen, je nachdem, ob der Pfarrer oder irgend eine andere Person die Messe liest. Als Begrüßungsteamler kann ich das regelmäßig selbst beobachten. Was erwartet der Gläubige vom Priester, was er nicht auch über jedem anderen Gläubigen von Gott empfangen kann? Genau das ist auch die Haltung der Nazarener beim Besuch des Zimmermanns in ihrer Stadt.

Oder Gott berührt dich in aller Stille persönlich und du bekommst es gar nicht mit, weil DU in diesem Moment alles andere als still bist. Dann wirst du seine Berührung vielleicht sogar als unangenehme Ablenkung wahrnehmen, die du jetzt gar nicht gebrauchen kannst, wirst es auf Störgeräusche oder andere äußere Ablenkungen schieben – Schwupps, ist es vorbei. Oder aber du bist still und Gott macht den Fehler, dass sich nicht der Himmel über dir öffnet, eine Taube herniederschwebt und dir eine dröhnende Stimme verkündet: „Ich bin der Herr, dein Gott, und ich hab dich lieb!“ Nein, in deiner Stille begegnet auch Gott dir still, berührt dein Herz und wartet auf deine Reaktion. Du wirst seine Berührung wahrscheinlich deutlich wahrnehmen, aber so eine persönliche, ja körperliche Erfahrung hast du gar nicht erwartet und – da ja auch offensichtlich niemand im Raum ist – schiebst du es auf irgendeine nicht verarbeitete Erinnerung, eine Emotion, die in diesem Moment aus deinem Unterbewusstsein hervorquillt. Man kennt das ja; viele kluge Bücher wurden über die Nebenwirkungen unseres Unterbewusstseins geschrieben. Auch das ist der „Zimmermann-Effekt“.

Erwarte Gott in deinem Leben! Aber erwarte nicht die Erfüllung deiner Erwartungen an ihn. Erwarte ihn in allem anderen! Sei stets wachsam.

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