Daniel 9, 1-19 (26. November)

Daniel hat in den Chroniken Babylons geblättert, parallel dazu die Prophezeiungen Jeremias gelesen und stellt erschüttert fest: Gott hat Wort gehalten, auch in seinen Drohungen, für den Fall, dass sein Volk vom Gesetz abweicht, das er ihm durch Moses überbringen ließ. Jeremia hatte vorhergesagt, dass das Volk Gottes aus seinem Land vertrieben und 70 Jahre in der Verbannung leben werde – als Preis für die begangene und fortgesetzte Untreue gegen seinen Gott. Und seit nunmehr knapp 70 Jahren lebt das Volk in der Tat in Babylon und es ist ihm untersagt, nach Jerusalem zurück zu kehren.

Es ist meine Erfahrung, dass nicht Daniel irgendwann eines Morgens auf die Idee kam, Nachforschungen dieser Art zu betreiben; es war der Geist Gottes, der ihn hier antrieb, weil Gott ihn zur Erkenntnis führen wollte. Wie reagiert Daniel nun, nachdem seine Augen für die göttlichen Fakten geöffnet sind?

Er zeigt uns, wie Umkehr zu Gott auszusehen hat!

In einem Gebet erzählt er seinem Gott von all den Sünden und der Untreue seiner Leute. Er, der sich von Gott geliebt weiß, stellt und sieht sich inmitten all der Sünder, die den Untergang Israels verschuldet haben. Er wurde ja in jungen Jahren nach Babylon verschleppt, die allermeisten Sünden, von denen er spricht, dürften von den Generationen vor ihm begangen worden sein. Trotzdem bekennt er, das Kind dieser Sünder, sich zur geerbten Schuld und bittet den „großen und furchtgebietenden“ Gott um Gnade und Vergebung.

Warum tut er das? Er hat erkannt, dass das Konzept der Nachkommenschaft (heute: „die Gnade der späten Geburt“) ein menschliches ist und kein göttliches. Natürlich hat nicht irgendwann irgendein Adam von einem Apfel abgebissen und dadurch ist die gesamte Schöpfung (in Sünde) gefallen. Adam steht für die (tägliche) Entscheidung des Menschen, sich von Gott abzuwenden, nachdem dieser sich ihm als sein Schöpfer zu erkennen gab. Wir, wir, die Menschen sind eine Schöpfung vor Gott. Der göttliche Teil in uns, die Seele, kennt keine Zeit und Generationen, sie ist ewig. Die Schuld eines Menschen ist die Schuld der Menschheit – das, genau das sagt die Erzählung vom Sündenfall aus. Wir sind geschaffen, um füreinander und miteinander da zu sein. Niemand auf dieser Welt ist eine Insel für sich. Wir leben gemeinsam, wir sterben gemeinsam – und wir machen Fehler, Sünden genannt! Gott weiß das, darum gibt es Jesus.

Und wenn es dir tatsächlich gelänge keine Schuld mehr auf dich zu laden und keine Sünde mehr zu begehen, so bist du ein Geschöpf innerhalb dieser Schöpfung, auf Gedeih und Verderb mit ihr verbunden. Selbst wenn dir das also gelänge, sobald du sagtest: „Mit den Sünden der anderen habe ich nichts zu schaffen!“ wärest du der Verlorenste unter den Sündern.

Das hat Daniel erkannt und darum bekennt er sich zu den Sünden seiner Vorfahren und übernimmt persönlich Verantwortung dafür. Er weiß, dass er hundertprozentig auf die Gnade seines Gottes angewiesen ist und fleht um ebendiese. Das ist Umkehr, dagegen ist die zu meiner Zeit übliche Beichte der Kommunionkinder im Beichtstuhl Pillepalle.

Einschub: Inzwischen sind gut 2500 Jahre vergangen. Um wieviel ist die Schuld der Menschen seither angewachsen? Um wieviel mehr sind wir auf die Gnade unseres Gottes angewiesen als es Daniel war? Diese Gnade Gottes hat einen Namen: Jesus.

Und Gott? Er hat seinen Daniel nicht nur an diesen Punkt geführt, er honoriert ihm auch, dass er sich hat führen lassen, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden.

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