1. Korinther 7 (13. – 15. August)

Paulus betrachtet nun die Frage nach der Ehe aus der Sicht des Wortes Gottes, aber auch aus seiner privaten Sicht der Dinge. Er macht am Ende des Kapitels darauf aufmerksam, dass eine Ehe nach dem Gesetz nicht aufgelöst werden kann. Hier könnte ein in der Heiligen Schrift Bewanderter nun die kluge Frage einwerfen, ob das Gesetz denn nicht durch Christus erfüllt worden und daher für uns Christen hinfällig sei – ganz gemäß der im vorigen Kapitel gemachten Aussage: „Alles ist mir erlaubt – aber nicht alles ist nützlich!“ (1. Kor 6,12)

Wir müssen hier unterscheiden. Gott gab den Israeliten am Berg Horeb die Zehn Gebote, aber er gab ihnen auch das Gesetz, also Weisungen, wie sie den Bund mit ihm in täglich, wöchentlich und jährlich wiederkehrenden Riten zu begehen und zu bestätigen hätten. Dieser Bund musste durch Feste und Opfer immer wieder erneuert werden, dieser Bund war eine Religion. Und dieser Bund hatte, wie wir durch Christus wissen, nur den Zweck, den Menschen zu verdeutlichen, dass sie nicht in der Lage seien aus eigener Kraft durchgängig gottgefällig zu leben, sprich, sich durch eigene Haltung und Taten vor Gott zu rechtfertigen.

Die Zehn Gebote sind aber nicht Teil dieses Gesetzes, man könnte sie eher als Verfassung bezeichnen. Das Gesetz baut auf dieser Verfassung auf, so wie das Bürgerliche Gesetzbuch auf dem Grundgesetz aufbaut. Und das Grundgesetz wiederum setzt in seinen ersten Artikeln Menschenrechte voraus, Rechte (und die sich daraus logisch ergebenden Pflichten, denn die Rechte der anderen sind meine Pflichten) die jeder Mensch hat, einfach, weil er ein Mensch ist. Die Zehn Gebote sind Rechte und Pflichten, die jeder Mensch hat, weil er ein Geschöpf Gottes ist. In einem anderen Brief macht Paulus darauf aufmerksam, dass diese Zehn Gebote, soweit sie den Umgang miteinander regeln, auch den Heiden bekannt seien, obwohl sie diese nie von Gott empfangen hätten.

Das Ehegebot, also das „Gesetz“, dass eine vor Gott geschlossene Ehe nicht geschieden werden kann, ist darüber hinaus das erste und damit das älteste Gesetz überhaupt. Wir finden es in der Schöpfungsgeschichte. Es ist älter als die „Verfassung“, nicht aus ihr abgeleitet und eher vergleichbar mit dem Gesetz, dass sich Materie beim Erhitzen ausdehnt – dieser Zusammenhang entzieht sich unserem Einfluss. Auch wenn die Schöpfungsgeschichte als naturwissenschaftlich widerlegt betrachtet werden kann, enthält sie Weisungen und Wahrheiten, die sich ganz genau wie Gott zu keinem Zeitpunkt geändert haben: Wenn Mann und Frau heiraten, dann werden sie ein Fleisch, d.h., diese Verbindung lässt sich nicht mehr in ihre ursprünglichen Bestandteile auflösen. Eine einmal vor Gott geschlossene Ehe lässt sich nicht mehr auf Null zurücksetzen! Das hat Gott so festgelegt, das ist in diesem Punkt die Wahrheit, die uns gegeben ist.

Genau deshalb ist es ja – wie schon in Kapitel 5 beschrieben – für die Partner so wichtig, zuerst Gott zu suchen, wenn man fürchtet, dass eine Ehe zerbrechen könnte. Es ist einfach auf einem breiten, geraden Weg zu gehen. Die entscheidenden, die wichtigen Schritte macht man dann, wenn der Weg schmal, steinig und steil wird – erst recht, wenn Hecken und Sträucher die Sicht versperren und man nicht mehr genau sieht, wo man beim nächsten Schritt den Fuß hinsetzt. An diesen schwierigen und gefährlichen Stellen sollte man dem Lotsen vertrauen.

Paulus spricht davon, dass der Mann in der Ehe nicht mehr sich selbst gehört, sondern der Frau und auch die Frau nicht mehr sich selbst gehört, sondern dem Mann. Das heißt, in jedem Schritt, den ich tue, denke ich den Partner mit. Das heißt auch, Offenheit muss geübt werden, solange der Weg noch breit und eben ist. Der Partner muss zu jedem Zeitpunkt wissen, wo ich mich innerhalb dieser Ehe relativ zu ihm/ihr befinde (wenn man die Ehe als Weg oder Raum betrachtet).

Paulus ist dieser Übung aus dem Weg gegangen und betrachtet die Ehelosigkeit als Gabe, ebenso wie das Leben in einer Ehe. Das stimmt sicher; jede Art, wie ein Mensch sein Leben führt ist – zumindest, wenn wer bei dieser Art der Lebensführung mit sich selbst im Reinen ist – begründet, auf der Gabe, die er von Gott dafür erhalten hat. Dass Paulus die Gabe der Ehelosigkeit aber über die andere Gabe stellt, das ist – wie er selbst zugibt – ein persönliches Empfinden. Ein Stück weit mag die Geringschätzung der Ehe auch in der Ankündigung Jesu verankert sein, innerhalb einer Generation zurückzukommen und diesen Weltenlauf zu beenden. Dies wurde von den ersten Christen so gedeutet, dass sie die erste, aber auch gleichzeitig die letzte Generation Christen seien.

Inzwischen müsste den meisten Christen aber klar sein, dass Jesus den Begriff Generation – genauer „Geschlecht“ (Mt 24,34) – sehr viel weiter gefasst hat. Und damit erhält auch die Ehe als Grundstein der christlichen Familie wieder ihre ursprüngliche, sehr hohe Bedeutung wieder zurück.

Zurück zur Auflösung einer Ehe. Diese war im Gesetz der Juden geregelt, das aber – wie gesagt – durch Christus erfüllt und damit aufgelöst wurde. Für Christen gibt es diese Regelung demnach nicht mehr (hat halt alles seine Vor- und Nachteile…).

Für Christen gilt aber: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist mir nützlich.“ Für Christen gilt demnach, dass Gott sein Bündnis mit uns nicht von der Einhaltung von Vorschriften und Gesetzen abhängig macht. Nichtsdestotrotz kennen wir ja die Weisungen und Wünsche Gottes in dieser Hinsicht und wenn Gott etwas wichtig ist und ich Gott aufrichtig liebe, dann sind diese mir auch wichtig. In der Ehe gescheitert zu sein, ist mir sicherlich nicht nützlich! Wenn die Ehe scheitert, dann bin ich nicht nur in dieser Partnerschaft gescheitert, sondern auch vor Gott. Auf das Scheitern muss daher eine Buße folgen, ich muss mir klar machen, worin ich im Einzelnen gescheitert bin. Die Umkehr wird ebenfalls scheitern, wenn ich nicht weiß, wo ich falsch abgebogen bin, erst recht eine neue Partnerschaft.

Insofern ist die Aufforderung ehelos (das heißt auch in dieser modernen Welt ohne eheähnliche Beziehung) zu bleiben, nachdem die Ehe zerbrach, ein sehr weiser Rat, der befolgt werden sollte. In der Tat wird das eigene Leben nach dem Ende der Ehe nicht wieder in den Zustand zurückkehren, in welchem es vor der Eheschließung war. Ich muss mir klar machen, wo ich stehe und auf welchen Wegen ich dorthin kam. Davor gibt es eine Zeit des Verletztseins und des Schmerzes, in der ohnehin keine Klarheit erreicht werden kann.

Wieder gilt hier die Forderung Gottes, dass wir in jedem Schritt, in jeder Entscheidung absolut klar sein sollen. Das kostet immer Zeit, aber diese Zeit des Innehaltens (hier oft auch des „den-Schmerz-ertragens“) ist aber unverzichtbar und wertvoll. Einige Wenige werden auf diesem Weg vielleicht feststellen, dass der persönliche Rat des Paulus für sie der zutreffende ist. Andere werden danach Gott um einen weiteren Segen für eine neue Liebe bitten. Es muss ihnen bewusst sein, dass sie die Überreste der vorangegangenen Ehe – insbesondere die nicht beachteten, in der Trennungsphase nicht verarbeiteten – in die neue mit einbringen werden. Eine Ehe kann beendet, aber nicht gänzlich aufgelöst (ungeschehen gemacht) werden. Genau das sagt das Wort Gottes und – sind wir ehrlich – Gott hat recht!

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