Kapitel 3 beginnt damit uns darüber aufzuklären, dass mit zunehmender Dauer des Bürgerkrieges David an Stärke, Ehefrauen und Kindern zunahm. In den Zeiten des Alten Bundes ist dies ein Zeichen für den Segen Gottes, der über dem Hause Davids ruht. Wie war das eigentlich mit den vielen Ehefrauen? Sagt das Buch Genesis nicht „sie werden ein Fleisch sein“ (1. Mose 2, 24) und meint damit Monogamie? Was ein Glück, dass im fünften Buch Moses dann für Könige folgendes zu finden ist: „Er soll auch nicht viele Frauen nehmen, damit sein Herz nicht auf Abwege gerät;“ (5. Mose 17,17) – nicht viele lässt dem Betroffenen dann doch erheblichen Interpretationsspielraum … zumindest, wenn er ein König ist. So stoßen wir in der Heiligen Schrift immer wieder auf die Situation „Welt trifft Gott“. Jesus erklärt diese Dinge später damit, dass Gott die Herzen der Menschen kennt und ihnen einige Erleichterungen an den Stellen eingebaut hat, über die sie ohnehin stolpern werden. Hier auf dieser Seite heißt das dann: Gott holt die Menschen da ab, wo sie stehen. Abholen heißt dann aber, ab einem gewissen Punkt sind wir aufgerufen uns selbst auf das Ziel zuzubewegen. Gott kommt uns entgegen, aber auch wir dürfen nicht stehen bleiben.
Abner bemerkt, wie ihm – pardon, seinem König – langsam der Boden unter den Füßen entzogen wird. Den ersten Vorwurf seines Königs gegen ihn nimmt er zum Anlass, zu David überzulaufen. Die Geschichte wird an dieser Stelle etwas verworren. David nennt Abner die Bedingungen für einen Pakt – er will seine erste Frau Michal wiederhaben. Er nennt diese Forderung aber auch Ischboseth, der auf diese überraschenderweise eingeht – vielleicht um sich etwas Luft im schlecht verlaufenden Bürgerkrieg zu verschaffen.
Abner verhandelt derweil mit den Ältesten von Israel, also den Anführern der Stämme. Sie sollen David als ihren König anerkennen. Als diese zustimmen, zieht er nach Hebron, um David davon zu berichten. Der begrüßt ihn freundlich und lässt ein Festmahl für ihn und seine Gesandtschaft bereiten.
Doch als Abner schon wieder auf dem Rückweg ist und Joab davon erfährt, besinnt er sich auf seinen Wunsch nach Blutrache, setzt ihm nach und tötet ihn. Die Trauer, die David ergreift, als er davon erfährt ist gewaltig. Zum einen hatte er Abner in Frieden entlassen, ist also durch die Tat Joabs wortbrüchig geworden, zum anderen hat er durch diese dumme Blutrache nun den Verbündeten verloren und alle Absprachen mit den Ältesten Israels waren damit schlimmstenfalls hinfällig geworden. Indem er große Trauer über den Tod Abners zeigt und den Mann ehrt, macht er daher auch deutlich, dass diese Gewalttat nicht von ihm ausging. Er versucht in dem von Joab angerichteten Scherbenhaufen zu retten, was von dem Bündnis noch zu retten ist.
Die Blutrache war durch das Gesetz, das Gott den Israeliten durch Moses übergeben hatte, generell untersagt. Auch wie ein Verfahren und ein Richterspruch, der auch die Todesstrafe beinhalten konnte, auszusehen hatte, war im Gesetz geregelt. Dass hier alles ganz anders läuft, zeigt einmal mehr: Das Alte ist zerbrochen. Israel und das Gesetz müssen erst wieder aufgerichtet werden. Dass sich Menschen von Gott und seinen Regeln für ein menschliches Zusammenleben abwenden und nach eigenen, meist egoistischen, oft unmenschlichen Gesetzen leben, ist ein Zeichen des Zusammenbruchs und Übergangs. Dieser kann Personen, Gruppen aber auch die ganze Welt betreffen.