Richter 10 (29. April)

Auf Abimelech folgen Tola und Jair als Richter über Israel. Die Chronisten der Bibel wissen über sie im Wesentlichen zu berichten, dass es sie gab. Wir können wohl daraus schließen, dass sie ihre Ämter relativ geräuschlos ausfüllten. Dennoch werden sie erwähnt, zum einen der Vollständigkeit halber, von einer höheren Warte aus betrachtet aber auch, weil sie eben von Gott eingesetzt waren. Er hat eben auch ein Auge auf die nach weltlichen Maßstäben kleinen, scheinbar unbedeutenden Steinchen in seinem Mosaik. Vers 6 berichtet davon, dass die Israeliten nach dem Tod Jairs ihrem Gott wieder untreu wurden, d.h., in den 53 Jahren davor – also der Amtszeit von Tola und Jair – waren sie es demnach nicht. Dass es über die beiden nichts zu berichten gibt, außer dass die Zahl der Kinder Jairs wieder auf Vielweiberei und der Berichte über sie auf eine gewisse Großmannssucht zumindest der Kinder schließen lässt, bedeutet, dass die beiden Richter vor dem Volk ganz nach dem Willen Gottes gerichtet und gelehrt haben.

Doch dann geht es wieder abwärts und die Israeliten beten wieder die lokalen Gottheiten an. Dieses Mal treiben sie es besonders bunt. Dem Vers 6 zufolge wurde einfach jede Gottheit angebetet, die nicht bei Drei auf den Bäumen war. Wir lesen, dass Gott die Nase gestrichen voll hatte und die Israeliten in die Hand der Ammoniter und der Philister gab. Als die Israeliten zu ihm um Hilfe schrien, soll er sich entrüstet von seinem Volk abgewandt haben.

Ich behaupte, die Israeliten empfingen hier einfach, was sie bestellt hatten. Ein auf diese Weise geführtes spirituelles Leben hat keine Richtung und der Untergang ist die logische Konsequenz dieser Orientierungslosigkeit. Die Israeliten hatten sich zu Dienern vieler Gottheiten gemacht, nun wurden sie Eigentum der irdischen Vertreter dieser Gottheiten. Und sie sollten es bis zu den Zeiten Davids auch bleiben. 

Was die Ammoniter und Philister für die Israeliten, das sind Klimawandel und pandemische Ausbreitung neuer Krankheiten in unseren Tagen. Es sind die Früchte eines im Spirituellen orientierungslosen Lebens, auch wir richten uns doch nach den „lokalen Gottheiten“ aus: Jugend(wahn), Wohlstand (Gier), Individualismus und Freiheit ohne Verantwortung (Egoismus).

Jugendwahn und Individualismus werfen den Menschen aber ganz allein auf sich zurück. Dass dies kein tragfähiges Lebenskonzept sein kann, können wir derzeit beobachten. Scheinbar nehmen Depressionen und andere psychische Erkrankungen zu – tatsächlich werden sie jetzt, wo die bunten Lichter, der Lärm und die übrigen verlässlichen Ablenkungen wegfallen nur sichtbar. Die Menschen sind heute innerlich hohl und wenn diese Leere nicht mit mehr mit weltlicher Ablenkung gefüllt werden kann, bricht die übrig gebliebene Hülle einfach zusammen. Es ist keine Forderung Gottes gewesen, als er sagte: „Du sollst mich lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit aller Kraft!“ Es war ein gut gemeinter Rat! Der Mensch ist nur eine Hülle. Wenn er diese Hülle mit Weltlichem füllt, kettet er sich an die Welt, macht sich abhängig, also unfrei. Nur ein Mensch, der ganz von Gott erfüllt ist, ist wirklich frei!

Natürlich nimmt auch die Zahl der Menschen zu, deren psychische Probleme der andauernden Isolation geschuldet sind. Doch auch hier wird doch letzten Endes nur eine Fehlentwicklung, nämlich die Vereinzelung der Gesellschaft, sichtbar. Diese Menschen haben weder eine Verbindung zu Gott, der sie durch diese Zeit tragen könnte, noch eine Verbindung zu einer Gemeinde, die das bei Bedarf übernimmt. Wer Jesus richtig zugehört hat, weiß, dass seine Kirche in ihrem Tagwerk eben vorrangig auf den Nächsten, also die Menschen innerhalb und rund um die Gemeinde ausgerichtet sein soll. „Kirche“, das sind Menschen für Menschen. Umgekehrt bewirkt eine lebendige Verbindung zu Gott immer auch den Wunsch nach einer lebendigen Verbindung zur Gemeinde, seiner Kirche am Ort.

Gier und Egoismus sorgten in den letzten Jahrzehnten für stetig zunehmende Ausbeutung der Ressourcen unseres Planeten. Zu diesen Ressourcen zählen – und das sollte uns beschämen – aber nicht nur Rohstoffe sondern auch Menschen. Die meisten Kriege auf diesem Planeten sind Verteilungskriege; dabei geht es nicht in erster Linie um Eroberung, sondern darum, die eigene Not durch Diebstahl zu lindern. Wir haben die Welt in Brand gesteckt und tanzen auf dem Feuer. Das hat so überhaupt nichts mit der Nächstenliebe zu tun, zu der sich nicht nur Christen, sondern praktisch die ganze Menschheit sofort bekennt, wenn man sie darauf anspricht.

Und auch religiös motivierte Kriege sind Zeichen eines schwachen, orientierungslosen Glaubens, der sich hinter Gewalt versteckt, um so den Anschein von Stärke vorzutäuschen. Die Armeen dieser Kriege setzen sich aus orientierungslosen Notleidenden zusammen. Das kann sowohl seelische als auch körperliche Not sein, denn beides wird als existenzbedrohend empfunden und löst dieselben Reaktionen aus. 

Gier und Egoismus sorgen aber auch dafür, dass wir es heute fast als ein Grundrecht ansehen, zu jeder Zeit an jeden Punkt der Erde reisen zu können. Damit fördern wir die globale Ausbreitung neuer Krankheitserreger. Corona ist ein gerader rechter Haken der Natur in Leber und Nieren der Menschheit. Sie hat in den letzten Jahrtausenden gut trainiert und inzwischen gelernt, mit diesem Gegner umzugehen. Wir dürfen uns hier auf einiges gefasst machen, ein Blick nach Indien reicht in diesen Tagen! Wer Wind säht …

Wir haben uns in eine Situation manövriert, an der selbst Schreien zu Gott nichts mehr ändert. Wir sollten uns aber vor dem Schrift gewordenen Schluss der Israeliten hüten! Gott hat sich nicht von uns abgewandt, wir haben aufgehört ihm zuzuhören. Wir empfangen, wie seinerzeit die Israeliten, genau das, was wir bestellt haben. Wir werden in der Hand der Ammoniter und der Philister bleiben, bis wir bereit sind den David, den uns Gott geschickt hat, aufzunehmen. Dieser „David“ ist sein Wort, ist Jesus Christus, seine Botschaft und sein Auftrag an uns. Es ist an der Zeit, dass wir den Blick wieder auf den am Kreuz Erhöhten richten; es ist an der Zeit, dass wir uns wieder neu an ihm orientieren und ausrichten.

Richter 10 >>